Neujahrsvorsätze sind ja so eine Sache… ein Gutteil wird ohnedies nicht eingehalten. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel sind Mitgliedschaften und der Besuch von Fitness-Centern. Meine persönliche und wohl nicht wissenschaftliche Beobachtung ist, dass im Januar ein deutlicher Anstieg der Besucherzahlen zu verzeichnen ist, während ab Februar bereits alles zurück auf normalem Niveau ist. Der rational sehr sinnvolle Vorsatz “Im Neuen Jahr mehr Sport machen!” hat also keine besonders lange Halbwertszeit und wird rasch über Bord geworfen. Also wieder ein Neujahrsvorsatz, der nicht eingehalten wird…
Month: December 2016
Wer wagt, gewinnt! – Was schon Rübezahl über das Risiko bei der Geldanlage wusste
Der Volksmund sagt “Wer wagt, gewinnt!” und greift damit ein altes Sprichwort auf. Schon die Märchensammlung von Johann Karl August Musäus (1782–1786) weist in den Legenden von Rübezahl folgende Textstelle auf: “Wer nicht wagt, der nicht gewinnt”. Dies ist die einfachste Beschreibung des Verhältnisses zwischen Ertrag und Risiko, die überhaupt genannt werden kann. Denn je größer das Risiko (Wagnis) desto höher ist der potenzielle Ertrag (Gewinn). Umgekehrt bedeutet das aber auch, dass wohl nur sehr geringe Erträge erzielt werden können, wenn kein Risiko eingegangen wird. Das Grundprinzip, das hinter diesen Überlegungen steht, habe ich schon in einem meiner ersten Blog-Beiträge zur Anlagepyramide beschrieben.
Der Risikobegriff bei der Geldanlage kann sehr unterschiedlich verstanden werden. Alle möglichen Definitionen werden im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet. Sehr oft wird die ganz persönliche Risikotoleranz in diese Definition mit eingewoben. Folgende Artikulationen des Risikobegriffs sind mit schon begegnet:
- Ganz allgemein: Kein Geld verlieren, also mindestens das eingesetzte Kapital wieder bekommen
- Oder auch sehr radikal: Keinen Totalausfall des eingesetzten Kapitals erleiden
- Hoch individuell, vielleicht aber auch etwas esoterisch: Einfach ruhig schlafen können
- Oder ganz mathematisch: Die Standardabweichung vom erwarteten, durchschnittlichen Ertrag
Natürlich kann ich alle Definitionen, bis hin zum individuellen Bedürfnis ruhig schlafen zu können, gut nachvollziehen. Ruhig schlafen mag aber für jeden von uns etwas anderes bedeuten – so mancher mag auch schweißnass vor Sorge, dass die Bank bei der das Festgeldkonto ist, pleitegeht… Allein für den langfristigen Investor, der sich am Weg zur finanziellen Freiheit befindet, wird nur die mathematische Definition hilfreich sein. Sie ist meines Erachtens auch weniger kompliziert, als sie auf ersten Blick wirkt.
Die jährliche Betrachtung der historischen Wertentwicklung eines Wertpapiers (Aktie, Anleihe, ETF, etc.) ist gut beobachtbar. Aus diesen Datenpunkten lässt sich ganz einfach der durchschnittliche Ertrag errechnen. Wie bei vielen Naturphänomenen, ist auch der Ertrag eines Wertpapiers entlang einer Glockenkurve rund um diesen Durchschnitt verteilt. Die Abweichung von diesem Durchschnitt in Höhe einer Standardabweichung besagt nun, dass in ca. zwei Dritteln aller Fälle ein gewisser Wert nicht über- oder unterschritten wird. Diese Zusammenhänge können an Hand folgender, illustrativer Grafik gut erläutert werden:
Nun kann man gut nachvollziehen, dass ein Wertpapier mit einer durchschnittlichen Wertentwicklung von 5% p.a. und einer Standardabweichung von 2%-Punkten in ca. zwei Drittel aller Fälle eine Wertentwicklung zwischen 3% und 7% p.a. ausweisen wird. Die mathematisch klingende Definition ist finde ich recht greifbar geworden.
Das bedeutet, eine höhere Standardabweichung rund um den durchschnittlich erwarteten Ertrag auch ein entsprechend höheres Risiko des Wertpapiers nach sich zieht. In aller Regel muss dieses höhere Risiko des Wertpapiers durch einen höheren durchschnittlichen Ertrag abgegolten werden. Genauso, wird ein sehr risikoarmes bzw. risikoloses Wertpapier (also quasi ein fix garantierter Ertrag) nur sehr geringen Ertrag aufweisen können. Also ganz plakativ ausgedrückt: Die Veranlagung am Sparbuch bei der lokalen Sparkasse mag sehr geringe Schwankungen in der erwarteten nominellen Performance aufweisen, gleichzeitig bringt sie keinen berauschenden Ertrag – derzeit wohl nahe 0% p.a. Die Performance-Erwartung an eine Technologie-Aktie aus einem Schwellenland wird deutlich höher sein, um das entsprechende Schwankungsrisiko in Kauf zu nehmen.
Wie schon in meinem Blog-Beitrag zum Thema Zins- und Zinseszins ausgeführt, wird diese mächtige Kraft v.a. durch die Höhe des Zinssatzes und den Veranlagungszeitraum befeuert. Für den langfristigen Investor am Weg zur finanziellen Freiheit besteht also ein großes Interesse daran, einen möglichst hohen Zinssatz anzustreben. Also, es geht in der Tat ans Investieren mit Rübezahl – “Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!”
Das mag jetzt doch ein wenig beunruhigend klingen, wenn hier die Rede davon ist, hohes Risiko einzugehen, um hohe Erträge zu erzielen. Das bedeutet nämlich auch, dass starke Schwankungen im Wert des Portfolios in Kauf genommen werden müssen, um diese hohen Erträge zu erzielen. Wie kann man also beim Investieren mit Rübezahl ruhig schlafen? Hier können vier Gedanken helfen:
(1) Langfristigkeit – wie schon an anderer Stelle geschrieben, ist der Weg zur finanziellen Freiheit kein Sprint für einige Monate, sondern ein langfristiger Weg. Erfreulich dabei ist, dass die Kraft von Zins und Zinseszins ja besonders bei einer Wiederholung über viele Jahre hinweg greift. Noch erfreulicher ist, dass Aktien, als ganz entscheidende Asset Klasse über 10-jährige Perioden de facto keine nominellen Verluste aufweisen. In anderen Worten gelingt es, durch das lange Halten von Wertpapieren, selbst einer hohen Standardabweichung zu begegnen und sich an den hohen Erträgen erfreuen zu können. Das ist auch nachvollziehbar, da sich der durchschnittliche Ertrag ja aus der Summe der beobachteten jährlichen Erträge errechnet hat, die auch Basis für die Berechnung der Standardabweichung waren. Also, entspann Dich mal ein paar Jahre, Rübezahl!
(2) Automatisierung – Die Schwankungen im Wert eines Portfolios können natürlich Sorge bereiten und sehr emotional betrachtet werden. Gerade wenn schon ein nennenswertes Vermögen aufgebaut wurde, sind Wertschwankungen um mehrere Tausend Euro pro Tag keine Seltenheit. Diese Bewegungen können zu ungewollten und unbedachten Investment-Entscheidungen führen. So besteht die Gefahr den eigenen Ängsten und Sorgen auf den Leim zu gehen und bei fallenden Preisen zu verkaufen und bei steigenden Preisen weiter zu kaufen. Der beste Weg diesem Dilemma zu begegnen ist meines Erachtens daher das Investieren möglichst zu automatisieren. Das verhindert fatale Fehlentscheidungen durch Day- oder Intraday-Trading. Genauso wie das regelmäßige Sparen automatisiert werden kann, kann mit dem Cost Average Effekt auch sinnvoll und stetig investiert werden. Also, schalt den Autopiloten ein, Rübezahl!
(3) Informations-Ausdünnung – Die genannten Wertschwankungen sind subjektiv besonders dramatisch, wenn man sie häufig betrachtet. Oh Gott, heute Vormittag schon wieder €750,- verloren. Ich rate daher dringend vom täglichen oder gar untertägigen Prüfen von Aktienkursen, Alerts, etc. ab. Nicht nur, dass die Zeit sinnvoller eingesetzt werden kann, auch kann der nötige Abstand ganz wesentlich zu ruhigem Schlafen beitragen. Die wöchentliche oder gar monatliche Information sollte für den langfristigen Investor völlig ausreichend sein. Also, check nicht dauernd die Aktienkurse, Rübezahl!
(4) Absicherung hätte ihren Preis – Natürlich kann das Risiko eines Verlustes z.B. über Optionen abgesichert werden. Diese Versicherung wird aber ihren Preis haben und erst recht wieder zu Lasten des erzielten Ertrags gehen. Die andere Absicherungsstrategie, nämlich in Wertpapiere mit geringem Risiko (geringer Standardabweichung) zu investieren, hatten wir ja schon zuvor verworfen, als wir uns gegen den niedrigen Ertrag entscheiden haben. Die Kosten der Absicherung stehen insb. dann in keinem Verhältnis, wenn man die Erkenntnis aus Punkt (1) verinnerlicht. Also, fall auf keinen Versicherungsvertreter rein, Rübezahl!
In Summe können diese vier Gedanken dem langfristig denkenden Investor helfen, mit Risiko in der Geldanlage umzugehen. Gerade auch die oben angeführte Definition von Risiko (Abweichung vom erwarteten, durchschnittlichen Ertrag) hilft auch beim bessern, rationalen Verständnis des Risikobegriffs. Wenn ein höherer, erwarteter Ertrag erzielt werden muss, geht er mit größeren statistischen Abweichungen vom durchschnittlichen Ertrag einher. Man kann sich quasi damit anfreunden, dass der höhere Durchschnittsertrag durch das höhere Risiko erkauft wird.
In diesem Sinne wünsche ich viel Erfolg beim Investieren mit Rübezahl und einen Umgang mit Risiko in der Geldanlage, die einen ruhigen Schlaf gewährleistet. Ich freue mich wie immer sehr über Kommentare, Anregungen, weiterführende Gedanken,…vielen Dank!
Interview mit Rico von erfolgreich-sparen.com
Rico von http://www.erfolgreich-sparen.com/ beschäftigt sich schon seit 2009 mit Themengebieten rund um die finanzieller Freiheit. Neben seiner Tätigkeit im Bereich Corporate Finance mit Schwerpunkt Unternehmensfinanzierung und Controlling, baut er zudem stetig passive Einkommensquellen als Stillhalter mit Optionen, mit Dividendenaktien und seinem Blog auf. Ich freue mich, dass er meiner Interview-Anfrage gefolgt ist, da er sich mit dem Fokus auf Optionenhandel vom Mainstream ab und biete eine alternative Perspektive. Viel Spass beim Lesen des Interviews!
Finanzielle Freiheit: Was ist der Inhalt deines Blogs?
Rico: Auf erfolgreich-sparen.com beschäftige ich mich seit 2009 mit dem Thema “Private Finanzen”. Den Einstieg fand ich zunächst über die klassische Frage wie man besser Geld sparen kann (daher kam auch der Blog-Titel). Allerdings wurde mir dann relativ schnell klar, dass Sparen allein nicht wirklich viel bringt, wenn du nicht genau weiß WOZU du eigentlich sparst. Deshalb habe ich mich immer mehr der Frage der finanziellen Freiheit angenähert und bin darüber auch auf das Konzept des passiven Einkommens aufmerksam geworden. Auf der Website kann man dann relativ klar meinen Weg von Dividendenaktien, langfristigem Investieren bis zu meinem aktuellen Hauptfokus Optionshandel nachverfolgen.
Finanzielle Freiheit: Das kann ich gut nachvollziehen – siehe auch meinen Artikel zum Thema Sparen/Investieren. Doch, was unterscheidet deinen Blog von all den anderen Blogs über finanzielle Freiheit? Warum sollen unsere Leser immer wieder kommen?
Rico: Zunächst muss ich einfach mal sagen, dass alle deutschen Finanzblogger einen super Job machen. Das Thema Geld wird in Deutschland immer noch totgeschwiegen und ich stelle jeden Tag fest, wie wenig die Menschen damit anfangen können. Jede Diskussion um Geld und Finanzen stärkt das Bewusstsein der Leser, dass sie sich mit dem Thema befassen müssen und sollten!
Allerdings beschäftigen sich die meisten Blogs doch sehr einheitlich mit dem gleichen Konzept. In den letzten Jahren konnte man mit zusehen, wie das Thema Dividenden als passives Einkommen in den Fokus gerückt ist. Ich bin darüber zwar auch gestartet, aber ich musste doch recht schnell feststellen, dass man hier verdammt lange “sparen” muss, bis wirklich ein spürbarer Dividendenstrom entsteht.
Im Gegensatz zu anderen Blogs möchte ich nicht “langsam und sicher” finanziell unabhängig werden, sondern SCHNELL und sicher.
Die meisten Denken, dass schnell immer etwas mit Betrug oder hohem Risiko zu tun hat. Ich möchte aber einfach vermitteln, dass das so nicht stimmt. Risiko ist auch immer eine relative Größe. Wenn du als kleines Kind zum Beispiel laufen gelernt hast, war das erstmal sehr gefährlich. Ständig bist du gestürzt und es kullerten Tränen. Doch mit der Übung gehört das aufrechte gehen für jeden Erwachsenen nun einfach dazu.
Ebenso ist es mit dem Autofahren. Natürlich ist Autofahren gefährlich, aber man kann das Risiko durch Übung, Training und Erfahrung in den Griff bekommen. Nicht ohne Grund können wir nun mit hohen Geschwindigkeiten über die Autobahn rollen und trotzdem sinkt die Zahl der Verkehrsopfer stetig.
Beim Investieren ist es genauso: Beim ersten Kontakt mit der Börse erscheint eine einfache Aktie schon riskant, doch mit der Erfahrung wirst du lernen, dass man diese Risiken gut in den Griff bekommen kann. Je besser du hier wirst, desto höher wird auch deine mögliche Rendite und desto schneller kannst du finanziell frei werden.
Finanzielle Freiheit: Was ist dein liebster Beitrag auf deinem Blog und warum? Ist das auch jener Beitrag, der den meisten Traffic bekommt?
Rico: Mein liebster Beitrag ist die Artikelserie “Geheime Welt der Stillhalter” (http://www.erfolgreich-sparen.com/geheime-welt-der-stillhalter-teil-1/). Allerdings wird der Beitrag nicht besonder oft gelesen, weil ich vermute, dass die meisten sich von dem Thema noch abschrecken lassen. Ich wünsche mir aber, dass ich damit meinen Lesern eine Welt eröffnen kann, in der sie sehen, dass der Finanzmarkt viel mehr Möglichkeiten als steigende und fallende Kurse bietet.
Finanzielle Freiheit: Ich habe die Aritkelserie gelesen und dabei gemerkt, dass ich mich mit Optionsstategien mehr befassen sollte… Nun, was bedeutet aber finanzielle Freiheit für Dich? Wo befindest Du Dich am Weg zur finanziellen Freiheit? Wann willst Du sie erreichen? Ist Dir eine absolute Zahl des Vermögens (z.B.: € X Mio.) oder die Abdeckung bestimmter Bedürfnisse aus passivem Einkommen wichtig?
Rico: Für mich bedeutet die finanzielle Freiheit, dass ich mir Zeit und Arbeit selbst einteilen kann. Ich möchte nicht von meinen Chef vorgegeben haben, wann ich Urlaub machen darf. Ich möchte auch selbst entscheiden, mit welchen Projekten ich meine Lebenszeit verwende. Mich graut es vor der Idee 40 Jahre in einem Unternehmen angestellt zu sein und danach nichts als einen feuchten Handschlag zu erhalten.
Eine konkrete Zahl habe ich nicht im Kopf. Aber ich möchte genug Einkommen generieren, um meine Lebenshaltungskosten bequem absichern zu können. Das lässt sich ja nicht nur über die Höhe des Kapitals erreichen sondern auch über die erzielbare Rendite. Deswegen ist es für mich auch so wichtig, dass ich mich fast täglich mit dem Thema beschäftige und immer wieder neues dazu lerne.
Finanzielle Freiheit: Wie planst Du die finanzielle Freiheit zu erreichen? Welche passiven Einkommensquellen findest Du besonders interessant?
Rico: Mein Weg führt mich über den Handel mit Optionen als Stillhalter. Damit hast du alle Möglichkeiten, dein Risiko selbst zu definieren und kennst gleichzeitig auch die dafür mögliche Rendite. Wenn mein Kapital und das erzielte Einkommen daraus einmal groß genug ist, wird zusätzliches Einkommen dann wieder in defensive Formen wie Dividenden oder Immobilien investiert.
Finanzielle Freiheit: Welchen finanziellen Tipp würdest Du unseren Lesern mitgeben?
Rico: Ich denke, der beste Tipp, den ich bieten kann, ist der Hinweis auf den Optionshandel. Damit meine ich nicht Optionsscheine, sondern echte Optionen. Schau dir auch gern mal Jens Rabe an, er zeigt, wie man mit Optionen Geld verdienen kann. Auch beim Optionsuniversum findet man eine gute deutsche Anlaufstelle. In beiden fällen gibt es auch Videos, in denen viel ausführlich erklärt wird. Wenn du Englisch kannst, schau dich bei englischen Seiten um über Option Writing. Die Community ist hier einfach so viel größer!
Das Thema wird in Deutschland totgeschwiegen. Natürlich ist auch nicht so einfach zugänglich wie “kaufe Dividendenaktien oder ETFs und halte sie bis zur Rente”, aber glaube mir, es ist wirklich wert, sich damit etwas näher zu beschäftigen.
Finanzielle Freiheit: Vielen Dank für das Interview, Rico!
Von Dividenden-Jüngern, die sich an passiven Einkommensquellen laben
Wie schon in einem meiner früheren Artikel ausgeführt, handelt es sich bei Dividenden um zinsbasierte, passive Einkommensquellen. Das bedeutet, dass das Einkommen nach dem Grundsatz “Einkommen = eingesetztes Kapital x Dividendenrendite” erwirtschaftet wird. Als passive Einkommensquelle sind Dividenden daher von Arbeitsleistung je Zeiteinheit völlig losgelöst und somit fast beliebig skalierbar.
Viele Blogger-Kollegen haben Ihre Veranlagungs-Strategien auf dem Weg zur finanziellen Freiheit ausschließlich Dividenden zugeschnitten, z.B. Dividendenmillionär oder Dividendeninvestor. Gleichzeitig sehen manche berechtigterweise Dividenden-Strategien kritisch und damit der Philosophie der “Dividenden-Jüngern” skeptisch gegenüber.
Sind Dividenden überhaupt passives Einkommen?
Etwas überrascht hat mich dann aber doch die Meinung, dass Dividenden gar keine passiven Einkommensquellen sind. Es handle sich nur um eine andere Verteilung von Vermögen – linke Tasche, rechte Tasche also. Es mag ja richtig sein, dass am Ex-Dividenden-Tag der Kurs der Aktie typischerweise um den Dividenden-Betrag sinkt. Allerdings stimmt diese Betrachtung eben nur am Ex-Dividenden-Tag. Im Laufe des Quartals bzw. Jahres erwirtschaftet das Unternehmen nämlich laufend Gewinne, die dann die auch die Basis für die Dividenden-Ausschüttung sind, die idealerweise kurssteigernd wirken. Aus Sicht des Investors, geschieht das völlig passiv, nämlich ohne, dass der Investor in irgendeiner Form durch seinen eigenen Arbeitseinsatz tätig werden muss. Ceteris paribus bedeutet das auch, dass die Vermögensverschiebung am Ex-Dividenden-Tag durch die Gewinne des Folgequartals/-jahres aufgeholt werden und so der Kursverlust wettgemacht wird. Also, um die in der Zwischenüberschrift aufgeworfene Frage explizit zu beantworten: Ja, Dividenden sind passives Einkommen. Wirklich 😉
Warum sind nun Dividenden-Strategien derart populär?
Die Popularität von Dividenden-Strategien führe ich darauf zurück, dass für die Vergangenheit empirisch nachgewiesen werden konnte, dass der TSR (Total Shareholder Return) von Dividenden-Aktien höher als jener des Gesamtmarkets war. Eine der prominentesten Ausprägungen dieser Strategie ist die “Dogs of the Dow”-Strategie. Dabei werden anfänglich die Aktien mit der höchsten Dividendenrendite im Dow Jones-Index in der Hoffnung auf überproportionale Erträge gekauft und dann jährlich auf die Aktien mit der höchsten Dividendenrendite angepasst. Während diese Strategie in der Vergangenheit erfolgreich war, ist sie dies in jüngeren Zeitscheiben nicht mehr der fall (siehe u.a. Malkiel, Burton Gordon (2003). The Efficient Market Hypothesis and Its Critics. Princeton, NJ: Center for Economic Policy Studies, Princeton University
Es ist auch nachvollziehbar, dass diese Strategie nicht dauerhaft überdurchschnittliche Erträge erzielen kann. In der Annahme, dass Kapitalmärkte effizient sind und sämtliche verfügbare Informationen in die aktuellen Kurse einpreisen, ist es nicht haltbar, dass Überrenditen durch eine Dividendenstrategie erzielt werden können. Denn sobald die Marktteilnehmer diese mögliche Überrendite auch nur erahnen können, würden sie durch ihr Handelsverhalten den Kurs so beeinflussen, dass langfristig kein Vorteil mehr besteht. Die Aktien würden entsprechend steigen und durch die Arbitrage dieser Handelsteilnehmer wäre die Chance auf Überrendite auch schon verarbeitet.
In der Tat sprechen jedoch einige Gründe für Aktien von Unternehmen, die hohe und stabile bzw. sogar wachsende Dividenden ausschütten. Diese Argumente können durchaus schlaue und redliche Investoren dann dazu veranlassen, in Dividendentitel zu investieren. Das mag sogar soweit gehen, dass die Theorie der effizienten Kapitalmärkte, durch Investoren ausgehebelt wird und tatsächlich Übererträge erzielt werden. Es hätten sich also Besonderheiten im Investorenverhalten über die reine Lehre der effizienten Märkte hinweggesetzt.
Was spricht aber nun für Dividenden-Aktien? Das Management eines Unternehmens, das Dividenden ausschüttet, sendet an den Kapitalmarkt das Signal diese Dividenden auch für die Zukunft zahlen zu können. Dieses Signal ist sehr bedeutend, da so eine Aussage zur Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells und zur zukünftigen Profitabilität des Unternehmens getroffen und durch Handlungen unterlegt wird. Gleichzeitig diszipliniert dieses Signal auch das Management. Denn die Ankündigung künftiger, wachsender Dividenden wird kein Management gerne aufgeben wollen, sondern darauf bedacht seine die Versprechungen an den Kapitalmarkt einzuhalten. Dadurch werden die Handlungen des Managements fokussiert und “Empire Building”, das den Shareholder Value vernachlässigt, hintangehalten. Vielmehr wird es dem Aktionär ermöglicht, selbst zu entscheiden was er mit freien Cash Flows (die durch Dividenden ausgeschüttet werden) tun möchte. Der Investor kann noch immer reinvestieren und weitere Aktien kaufen oder sich eben anderen Investitionsmöglichkeiten zuwenden. Wenn das Unternehmen Gewinne thesaurieren würde, besteht zumindest abstrakt die Gefahr, dass das Management in andere, vielleicht weniger renditestarke Projekt investiert.
Welche Kritik der Dividenden-Jünger ist nun aber berechtigt?
Das mag ja ganz so klingen, als wäre die Kritik der Dividenden-Kritiker nicht gerechtfertigt. Es gibt allerdings einige (aus meiner Sicht berechtigte) Gründe, die gegen eine Dividenden-Strategie sprechen. Erstens können hohe Dividenden in gewisse Situationen nicht nachhaltig sein, nämlich dann, wenn die Ausschüttungen aus historischen Gewinnrücklagen oder gar durch Rückgewähr von Einlagen finanziert werden. Dass dies keine nachhaltige Dividendenpolitik ist, liegt auf der Hand. Das kann aber auch von Investoren leicht erkannt werden und durch eine parallele Betrachtung der Payout-Ratio enttarnt werden. Zweitens fällt auf Dividenden natürlich Steuer an. Viele Steuersysteme sehen zwar auch bei Verkauf der Aktie eine äquivalente Versteuerung des Kursgewinns vor. Allerdings kommt es bei der Thesaurierung von Gewinnen zu einer Stundung der Steuerzahlung bis zum Zeitpunkt des Verkaufes. Viele anglo-amerikanische Unternehmen haben diesen Steuereffekt (und die Bevorzugung von Kursgewinnen gegenüber Dividendenausschüttungen im US Steuersystem) erkannt und retournieren Gewinne über Aktienrückkäufe an Ihre Investoren.
Wie nutze ich selbst Dividenden auf meinem Weg zur finanziellen Freiheit?
In meiner Asset Allocation sind Dividenden kein primäres Kriterium für die Auswahl von Veranlagungen. Die meisten der von mir gehaltenen Aktien zahlen stabile Dividenden, doch war die Dividende nur eines von mehreren Kriterien bei der Auswahl der Aktie. Natürlich ist die Dividende ein willkommener Nebeneffekt, das will ich gar nicht bestreiten. Auch die von mir gehaltenen Aktien-ETFs schütten die vereinnahmten Dividenden aus. Derzeit reinvestiere ich allerdings sämtliche vereinnahmten Dividenden bzw. ETF-Ausschüttungen entlang meiner Asset Allocation. Ich gehe allerdings davon aus, dass ich, sobald ich finanziell frei bin, stärker auf den Cash-Flow von Dividenden zurückgreifen werde bzw. durch Verkauf von Aktien Kursgewinne realisieren werde.
Wie gewohnt, freue ich mich sehr über Kommentare! Ich kann mir vorstellen, dass dieses Thema “auf beiden Seiten” der Argumentation für Reaktionen sorgen wird – ich bin gespannt, welche Aspekte durch die Kommentare noch ergänzt werden.
Mit Weihnachtsgeschenken € 156.000 versenken?
Heute ist der 1. Dezember, der Countdown bis Weihnachten hat also offiziell begonnen! Wenn es nach dem Einzelhandel geht, ist der Startschuss für das Weihnachtsgeschäft allerdings schon längst gefallen. In den USA wird traditionell mit dem Black Friday, das ist der Freitag nach Thanksgiving, das Weihnachtsgeschäft eröffnet. Benannt wurde dieser Tag ursprünglich nach einer Branchenweisheit, wonach an diesem Tag Einzelhändler die Gewinnschwelle für das Jahr überschreiten und ab diesem Zeitpunkt schwarze Zahlen schreiben. Zwischenzeitlich wurde der Black Friday längst nach Europa exportiert und durch den Cyber Monday ergänzt. Amazon hat sogar noch eins drauf gelegt und die Cyber Monday Deals Week ausgerufen.
Helfen Sie also dem Einzelhandel schwarze Zahlen zu schreiben, oder achten Sie auch beim Kauf von Weihnachtsgeschenken auf Ihre finanzielle Freiheit? Das mag jetzt kleinlich wirken, ausgerechnet bei den Weihnachtsgeschenken sparen zu wollen. Das geht ja gar nicht, mögen Sie denken. Ich rate dennoch dringend zu Sparsamkeit bei den Weihnachtsgeschenken – über die Jahre hinweg, können durch exzessive Weihnachtsgeschenke nach meiner einfachen Simulationsrechnung *) €156.000 versenkt werden. €156.000? Das gibt dann doch zu denken, oder?
Vorausgeschickt sei, dass viele Weihnachtsgeschenke nur einen weiteren Beitrag in der Konsumspirale bedeuten werden. Für das neue Auto braucht man weitere Accessoires, zur Mitgliedschaft im Golfclub das neue Golfbag, etc. Diese Konsumspirale belegt erneut, dass vermeintlichen Assets nur weitere Belastungen nach sich ziehen, wie ich bereits in einem vorherigen Blogbeitrag erläutert habe. Zudem sind viele Weihnachtsgeschenke weitere Staubfänger im Regal, Platzräuber im Schrank, Komplexitätstreiber für das tägliche Leben, etc. und damit nur Ausdruck überbordenden Konsums. Meinem Blogger-Kollegen Tim Schäfer werde ich dabei aus dem Herzen sprechen.
Zudem sind Weihnachtsgeschenke ein weiterer Faktor, der aus der “besinnlichen Advents- und Vorweihnachtszeit” einen vierwöchigen Höllenritt macht. Für viele ist die ruhigste Zeit im Jahr nämlich das genaue Gegenteil: Stress in der Arbeit, da Projekte vor Weihnachten abgeschlossen werden und Verträge für das Neue Jahr verhandelt werden wollen. Privat reiht sich Einladung an Charity-Glühwein an Einladung, zudem wollen ja auch noch Geschenke gekauft und allerlei Vorbereitungen getätigt werden. Vereinfachungen bei den Weihnachtsgeschenken können also auch einen Beitrag dazu leisten, ein klein wenig dieses Vorweihnachtsstresses zu beseitigen.
Um keine € 156.000 zu versenken, keinen unnötigen Plunder zu kaufen, Weihnachtsstress zu vermeiden, aber trotzdem das Weihnachtsfest nicht ganz geschenklos vorüberziehen zu lassen, habe ich folgende Tipps gesammelt:
1 – Fertigen Sie eine Liste an, wen Sie beschenken wollen
Her mit einem Blatt Papier, Excel oder wie auch immer…einfach aufschreiben, wen Sie beschenken wollen. Schaffen Sie sich den Überblick und werden Sie sich dabei auch gleich noch mal bewusst, wie lang diese Liste denn wirklich ist. Es mag ja sehr nett gemeint sein, wen man hier beschenken will, doch tut man das immer aus tiefstem Herzen oder doch, weil man ja in den letzten Jahren etwas bekommen hat, man nicht unhöflich sein möchte, etc.? Diese Liste regt normalerweise sehr zum Nachdenken an.
2 – Legen Sie ein Gesamtbudget fest
Ganz brutal, ohne weitere Analyse, einfach ein Budget für sämtliche Weihnachtsgeschenke festlegen! Dabei würde ich raten noch nicht einmal so zu denken, dass gewisse Geschenke fix eingeplant sein müssen, sondern mich eher daran orientieren, dass der durchschnittliche Deutsche € 477 pro Jahr für Weihnachtsgeschenke ausgibt. Brauchen Sie wirklich mehr?
3 – Schließen Sie “Nichtangriffspakte”
Wenn die Liste der zu Beschenkenden wirklich zu lange geworden ist und das mit dem festgelegten Budget unvereinbar wird, kann man über “Nichtangriffspakte” nachdenken. Also, einfach absprechen, dass man sich nichts schenkt. Das schlägt auch mein Blogger-Kollege Malachit vor. Das kann durchaus wertschätzend sein, hat man doch aneinander gedacht und vielleicht erleichtert man ja sogar dem vermeintlich glücklich Beschenkten das Leben, da er nichts zurückschenken muss.
4 – Wählen Sie Geschenke aus, die gar nichts/wenig kosten
Ja, es gibt Geschenke, die nichts kosten, über die sich der Empfänger sehr freuen wird. Auch für €5 können sehr kreative, pfiffige Kleinigkeiten erworben werden. Wer schon einmal Wichteln/Secret Santa gespielt hat, hat trotz einer betragsmäßigen Beschränkung auch ein witziges Geschenk finden müssen. Meine bescheidene Schenker- und Beschenkten-Erfahrung besagt, dass nicht der Wert des Geschenks die Freude ausmacht, sondern die Tatsache, wie intensiv sich jemand Gedanken gemacht hat, Freude zu schenken.
Wenn Sie spontan keine Ideen haben, verweise ich gern auf den Blog von Finanzfisch, der einige tolle Ideen gesammelt hat: 12 günstige und kreative Geschenkideen
5 – Vermeiden Sie Impulskäufe (oder überhaupt die Einkaufzentren/-straßen zur Weihnachtszeit;-))
Das ist ganz im Ernst gemeint und hat zwei gute Gründe: Erstens werden bei Impulskäufen die rationalen Gedanken, die sie im Budget niedergeschrieben haben, zu Nichte gemacht. Wenn Sie einmal in der Parfümerie sind, werden sie wohl kaum unter €100 ausgeben, das Geschenk soll ja nicht schäbig sein, etc. Zweitens setzen Sie sich durch den Besuch der überfüllten Einkaufszentren in der Vorweihnachtszeit genau dem Stress aus, den Sie eigentlich vermeiden wollten…
Ich hoffe sehr, dass Ihnen diese fünf Tipps weiterhelfen, sowohl am Weg zur finanziellen Freiheit zu bleiben aber auch eine weniger stressige Vorweihnachtszeit zu haben. Ich selbst bin einem Großteil der 5 Tipps gefolgt. So habe ich ca. Mitte November die Liste der Beschenkten und Geschenke erstellt. Die Geschenke sind fast alle schon gekauft oder online bestellt. Der Stress-Faktor ist damit wirklich weg. Wie immer freue ich mich sehr über Kommentare und weitere Ideen, wie man noch ans Thema Weihnachtsgeschenke herangehen kann!
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*) Annahmen: Für die Dauer von 30 Jahren werden €500,-/Jahr mehr als erforderlich für Weihnachtsgeschenke ausgegeben, dieser Betrag steigt durch Inflation jährlich um 2%, die ersten fünf Jahre gehen diese Kosten gegen einen Dispokredit mit 15% Zinsen p.a., in allen folgenden 25 Jahren fließt das Geschenkgeld dann nicht der Investition zu, weshalb keine 7% Veranlagungserfolg lukriert werden können.