Wie schon in einem meiner früheren Artikel ausgeführt, handelt es sich bei Dividenden um zinsbasierte, passive Einkommensquellen. Das bedeutet, dass das Einkommen nach dem Grundsatz “Einkommen = eingesetztes Kapital x Dividendenrendite” erwirtschaftet wird. Als passive Einkommensquelle sind Dividenden daher von Arbeitsleistung je Zeiteinheit völlig losgelöst und somit fast beliebig skalierbar.

Viele Blogger-Kollegen haben Ihre Veranlagungs-Strategien auf dem Weg zur finanziellen Freiheit ausschließlich Dividenden zugeschnitten, z.B. Dividendenmillionär oder Dividendeninvestor. Gleichzeitig sehen manche berechtigterweise Dividenden-Strategien kritisch und damit der Philosophie der “Dividenden-Jüngern” skeptisch gegenüber.

Sind Dividenden überhaupt passives Einkommen?

Etwas überrascht hat mich dann aber doch die Meinung, dass Dividenden gar keine passiven Einkommensquellen sind. Es handle sich nur um eine andere Verteilung von Vermögen – linke Tasche, rechte Tasche also. Es mag ja richtig sein, dass am Ex-Dividenden-Tag der Kurs der Aktie typischerweise um den Dividenden-Betrag sinkt. Allerdings stimmt diese Betrachtung eben nur am Ex-Dividenden-Tag. Im Laufe des Quartals bzw. Jahres erwirtschaftet das Unternehmen nämlich laufend Gewinne, die dann die auch die Basis für die Dividenden-Ausschüttung sind, die idealerweise kurssteigernd wirken. Aus Sicht des Investors, geschieht das völlig passiv, nämlich ohne, dass der Investor in irgendeiner Form durch seinen eigenen Arbeitseinsatz tätig werden muss. Ceteris paribus bedeutet das auch, dass die Vermögensverschiebung am Ex-Dividenden-Tag durch die Gewinne des Folgequartals/-jahres aufgeholt werden und so der Kursverlust wettgemacht wird. Also, um die in der Zwischenüberschrift aufgeworfene Frage explizit zu beantworten: Ja, Dividenden sind passives Einkommen. Wirklich 😉

Warum sind nun Dividenden-Strategien derart populär?

Die Popularität von Dividenden-Strategien führe ich darauf zurück, dass für die Vergangenheit empirisch nachgewiesen werden konnte, dass der TSR (Total Shareholder Return) von Dividenden-Aktien höher als jener des Gesamtmarkets war. Eine der prominentesten Ausprägungen dieser Strategie ist die “Dogs of the Dow”-Strategie. Dabei werden anfänglich die Aktien mit der höchsten Dividendenrendite im Dow Jones-Index in der Hoffnung auf überproportionale Erträge gekauft und dann jährlich auf die Aktien mit der höchsten Dividendenrendite angepasst. Während diese Strategie in der Vergangenheit erfolgreich war, ist sie dies in jüngeren Zeitscheiben nicht mehr der fall (siehe u.a. Malkiel, Burton Gordon (2003). The Efficient Market Hypothesis and Its Critics. Princeton, NJ: Center for Economic Policy Studies, Princeton University 

Es ist auch nachvollziehbar, dass diese Strategie nicht dauerhaft überdurchschnittliche Erträge erzielen kann. In der Annahme, dass Kapitalmärkte effizient sind und sämtliche verfügbare Informationen in die aktuellen Kurse einpreisen, ist es nicht haltbar, dass Überrenditen durch eine Dividendenstrategie erzielt werden können. Denn sobald die Marktteilnehmer diese mögliche Überrendite auch nur erahnen können, würden sie durch ihr Handelsverhalten den Kurs so beeinflussen, dass langfristig kein Vorteil mehr besteht. Die Aktien würden entsprechend steigen und durch die Arbitrage dieser Handelsteilnehmer wäre die Chance auf Überrendite auch schon verarbeitet.

In der Tat sprechen jedoch einige Gründe für Aktien von Unternehmen, die hohe und stabile bzw. sogar wachsende Dividenden ausschütten. Diese Argumente können durchaus schlaue und redliche Investoren dann dazu veranlassen, in Dividendentitel zu investieren. Das mag sogar soweit gehen, dass die Theorie der effizienten Kapitalmärkte, durch Investoren ausgehebelt wird und tatsächlich Übererträge erzielt werden. Es hätten sich also Besonderheiten im Investorenverhalten über die reine Lehre der effizienten Märkte hinweggesetzt.

Was spricht aber nun für Dividenden-Aktien? Das Management eines Unternehmens, das Dividenden ausschüttet, sendet an den Kapitalmarkt das Signal diese Dividenden auch für die Zukunft zahlen zu können. Dieses Signal ist sehr bedeutend, da so eine Aussage zur Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells und zur zukünftigen Profitabilität des Unternehmens getroffen und durch Handlungen unterlegt wird. Gleichzeitig diszipliniert dieses Signal auch das Management. Denn die Ankündigung künftiger, wachsender Dividenden wird kein Management gerne aufgeben wollen, sondern darauf bedacht seine die Versprechungen an den Kapitalmarkt einzuhalten. Dadurch werden die Handlungen des Managements fokussiert und “Empire Building”, das den Shareholder Value vernachlässigt, hintangehalten. Vielmehr wird es dem Aktionär ermöglicht, selbst zu entscheiden was er mit freien Cash Flows (die durch Dividenden ausgeschüttet werden) tun möchte. Der Investor kann noch immer reinvestieren und weitere Aktien kaufen oder sich eben anderen Investitionsmöglichkeiten zuwenden. Wenn das Unternehmen Gewinne thesaurieren würde, besteht zumindest abstrakt die Gefahr, dass das Management in andere, vielleicht weniger renditestarke Projekt investiert.

Welche Kritik der Dividenden-Jünger ist nun aber berechtigt?

Das mag ja ganz so klingen, als wäre die Kritik der Dividenden-Kritiker nicht gerechtfertigt. Es gibt allerdings einige (aus meiner Sicht berechtigte) Gründe, die gegen eine Dividenden-Strategie sprechen. Erstens können hohe Dividenden in gewisse Situationen nicht nachhaltig sein, nämlich dann, wenn die Ausschüttungen aus historischen Gewinnrücklagen oder gar durch Rückgewähr von Einlagen finanziert werden. Dass dies keine nachhaltige Dividendenpolitik ist, liegt auf der Hand. Das kann aber auch von Investoren leicht erkannt werden und durch eine parallele Betrachtung der Payout-Ratio enttarnt werden. Zweitens fällt auf Dividenden natürlich Steuer an. Viele Steuersysteme sehen zwar auch bei Verkauf der Aktie eine äquivalente Versteuerung des Kursgewinns vor. Allerdings kommt es bei der Thesaurierung von Gewinnen zu einer Stundung der Steuerzahlung bis zum Zeitpunkt des Verkaufes. Viele anglo-amerikanische Unternehmen haben diesen Steuereffekt (und die Bevorzugung von Kursgewinnen gegenüber Dividendenausschüttungen im US Steuersystem) erkannt und retournieren Gewinne über Aktienrückkäufe an Ihre Investoren.

Wie nutze ich selbst Dividenden auf meinem Weg zur finanziellen Freiheit?

In meiner Asset Allocation sind Dividenden kein primäres Kriterium für die Auswahl von Veranlagungen. Die meisten der von mir gehaltenen Aktien zahlen stabile Dividenden, doch war die Dividende nur eines von mehreren Kriterien bei der Auswahl der Aktie. Natürlich ist die Dividende ein willkommener Nebeneffekt, das will ich gar nicht bestreiten. Auch die von mir gehaltenen Aktien-ETFs schütten die vereinnahmten Dividenden aus. Derzeit reinvestiere ich allerdings sämtliche vereinnahmten Dividenden bzw. ETF-Ausschüttungen entlang meiner Asset Allocation. Ich gehe allerdings davon aus, dass ich, sobald ich finanziell frei bin, stärker auf den Cash-Flow von Dividenden zurückgreifen werde bzw. durch Verkauf von Aktien Kursgewinne realisieren werde.

Wie gewohnt, freue ich mich sehr über Kommentare! Ich kann mir vorstellen, dass dieses Thema “auf beiden Seiten” der Argumentation für Reaktionen sorgen wird – ich bin gespannt, welche Aspekte durch die Kommentare noch ergänzt werden.

9 thoughts on “Von Dividenden-Jüngern, die sich an passiven Einkommensquellen laben

  1. Hi,
    toller Artikel zum Thema Dividenden.
    Ich denke, dass die Dividenden ein passives Einkommen sind wie auch Zinsen. Jedoch muss auch bedacht werden, dass die Dividenden-Strategie alleine keine Überrendite garantiert. Wie Stefan in seinem Artikel schon schreibt, ist es eine Rechnung ala rechte Tasche in die linke Tasche.
    Doch den Vorteil, welchen auch ich schon zu spüren bekommen habe, ist, dass regelmäßige Dividendenzahlungen auch im Kopf einen motivieren der Strategie treu zu bleiben und nicht zu verkaufen!
    Liebe Grüße
    Florian

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  2. Hi FF,

    guter Artikel, der eine ewige Diskussion thematisiert. Ich finde die Frage ob passives Einkommen oder nicht aber eher eine psychologische. Die Tatsache ob ein Unternehmen Dividenden ausschüttet oder nicht, sagt wenig über die Aktie aus. Wenn ich beispielsweise in ein Unternehmen investieren, das nie Dividenden ausschüttet, dafür aber in 2 Jahren um 20% im Wert steigt und es dann verkaufe. Ist die Realisation der Kursgewinne dann passiv oder nicht?
    Im Prinzip ist es egal. Dividendenaristokraten sind bestimmt weniger volatil und eignen sich daher für risikoaverse Investoren. Aus den Dividenden aber auf eine Überlegenheit zu schließen, halte ich nicht für korrekt.

    Beste Grüße
    Pascal

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    1. Hallo Pascal,
      Danke für Deinen Kommentar!
      Ganz genau, die Dividende allein sollte keinesfalls das einzige Auswahlkriterium für eine Aktie sein – genau das passiert aber bei vielen Dividendenstrategien aber auch diversen smart beta ETFs.
      Richtigerweise ist das erwirtschaften des ausschüttungsfähigen Gewinns der Aktiengesellschaft der passive Vorgang 😉
      Viele Grüße,
      FF

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  3. Hi FF,

    die Behauptung, Dividenden seien nur “linke Tasche – rechte Tasche” finde ich etwas sehr vereinfachend und nicht korrekt. Freut mich sehr, dass du das ganze etwas aufschlüsselst und kritisch betrachtest. Schließlich kann man den Kurs nicht nur am Dividendentag betrachten, sondern muss auch den anschließenden Verlauf und besonders den zuvor stattfindenden Kursverlauf betrachten.
    Der Aktienkurs fällt ja nicht weil die Unternehmen oder irgendwer das so will, sondern aufgrund von Angebot und Nachfrage. Logischerweise sind Investoren vor dem Dividendenstichtag bereit mehr für die Aktie zu bezahlen. Am Dividendenstichtag sollte das theoretisch genau dem Wert der Aktie + Dividende entsprechen. Demzufolge ist es nur logisch, dass nach der Dividendenzahlung der Kurs nur noch dem Wert der Aktie entspricht. Den Zeitraum vor dem Dividendenstichtag könnte man somit mit einer Übertreibung des eigentlichen Aktienkurses nach oben oder vielleicht noch besser mit Stückzinsen vergleichen.

    Viele Grüße
    Christian

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  4. Hallo,

    ich glaube du unterliegst einem Irrtum. Dividendeninvestoren wollen in erster Linie keine Überrenditen erzielen. Sie sind einkommensorientiert und wollen in erster Linie Einkommen aus Dividenden erzielen.
    Sie wollen z. B.: In 10 Jahren ihre Miete durch Dividenden bestreiten können oder früher in Ruhestand gehen. Dafür brauchen sie ein eine Summe X als jährliches Einkommen.
    Sie fragen sich: Welche Firmen nehme ich da ins Depot? Welche Firmen werden mir überhaupt dauerhaft eine Dividende zahlen können? Wie viel muss ich in jede Aktie einmal investieren damit Summe X zustande kommt.

    Deswegen verstehe ich auch nicht den Hinweis auf die Dogs of the Dow. Da geht es tatsächlich um Überrenditen. Da setzt man jedes Jahr das Depot neu zusammen. Das nennt sich zwar auch Dividendenstrategie hat aber mit dem Erzielen von regelmäßigen Einkommensströmen nichts zu tun, weil Kurse nicht planbar sind. Dividenden aber schon sehr viel eher.

    Meie These ist allerdings, dass der Markt es honorieren wird, wenn Firmen ihre Dividende jährlich steigern können.
    Ein Korb aus solchen Aktien wird letztendlich eine Überrendite gegenüber einem breiten Index erzielen.
    In erster Linie geht es aber darum eine Summe X zu erzielen, unabhängig davon was der Markt gerade macht. Und darauf arbeitet ein Dividendeninvestor hin.
    Das er auf diesen Weg dorthin auf die ausgeschütteten Erträge Steuern zahlen muss, nimmt er zähneknirschend hin. Hat dafür aber auch immer mal wieder Geld, wenn die Märkte fallen. Am Ende hat er aber ein diversifiziertes Depot, dass die Summe X abwirft.

    Ahoj
    ZaVodou

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    1. Hallo ZaVodou,
      Danke für Deinen ausführlichen Kommentar!
      @ Cash-Flow-Profil: Verstehe sehr gut, dass das Cash-Flow-Profil von Dividendenaktien interessant erscheinen mag. Allein könnte man diese Cash-Flow-Profil auch durch den z.B. quartärlichen Verkauf von Aktien/ETF-Anteilen erzielen. Wenn schon keine Überrendite angestrebt wird und das Cash-Flow-Profil auch anderweitig hergestellt werden kann, bleibt als einziger Grund die Suche nach einer Überrendite. Warum sonst in Dividenden-Aktien investieren?
      @ Überrendite: Hier verstehe ich widerum Deinen Einwand nicht ganz. Denn Du gehst ja offenbar doch von einer Überrendite aus, wenn Du sagst, dass der Markt die jährlich steigende Dividende honorieren wird. Ich frage mich zudem, warum diese Kenntnis nicht bereits in die heutigen Kurse eingepreist sein sollte und dieser Vorteil damit verschwindet.
      @ Steuer: In der Tat, ein Argument, warum Dividendenstrategien sogar nachteilig sein können…
      @ Deine letzten beiden Sätze: Kannst Du diese nochmal erläutern?
      In Summe sehr spannende Fragestellungen – ich finde auch interessant, wie weit die Meinungen in diversen Blogs hierzu auseinander gehen.
      Viele Grüße,
      FF

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  5. Es ist irgendwie lustig. Ich glaube kaum, dass DGI hier mitliest, aber er hat just heute einen Artikel zum Thema veröffentlicht. Ich zitier mal daraus:

    I construct diversified portfolios not to outperform S&P 500, or to achieve a certain level of beta, but to protect my capital and income in case an industry or two has hiccups that lead to losses. It is easier to sleep well enough when you have built a diversified stream of income, which is passive in nature, and does not depend on you showing up to a place of business for 40 hours/week, 52 weeks per year. I construct my dividend portfolios, so that they throw off enough money to pay for my living expenses in retirement/financial independence. As long as my goals are achieved, I could not care less about performance relative to S&P 500, EAFE, Emerging Market Stocks, etc

    Quelle:
    http://www.dividendgrowthinvestor.com/2016/12/what-is-dividend-investment-risk.html#more

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    1. Das Thema beschäftigt sichtlich alle 😉

      Ein wichtiger Aspekt kommt aus dem Artikel noch hinzu – auch wenn er für Investments in jegliche Aktieninvestments gilt – nämlich der Kapitalschutz, insb. auch im Fall von Inflation oder sonstigem, kurzfristigen Chaos an den Kapitalmärkten.

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