Der Anteil der Aktionäre an der Gesamtbevölkerung ist mit 6% bzw. 7% in Deutschland bzw. Österreich verschwindend gering. Dieser Anteil liegt in Ländern wie den Niederlanden, den USA, Großbritannien oder Japan bei rund einem Drittel bzw. Viertel.


Nach einer Studie der österreichischen Nationalbank, betrug das Geldvermögen der österreichischen Haushalte 2015 € 608 Mrd. Davon sind € 19,6 Mrd. also 3,2% direkt in Aktien investiert. Darüber hinaus sind natürlich noch Aktieninvestments in Investmentfonds zu berücksichtigen, in denen weitere ca. € 50 Mrd. investiert sind. Wenn man von ca. einem Viertel in Aktienfonds bzw. als Aktienanteil in Mischfonds ausgeht, kommt man auf weitere ca. € 12-13 Mrd. also ca. 2% des gesamten Geldvermögens in indirekten Aktieninvestments. Somit kommt man betragsmäßig sogar auf einen noch niedrigeren Wert von ca. 5% des Geldvermögens, das direkt oder indirekt in Aktien investiert sein.

Ein wesentlicher Grund wird sicher darin zu suchen sein, wie die Altersvorsorge im jeweiligen geregelt ist. Da Deutschland und Österreich weiterhin umfassend auf das Umlagesystem vertrauen, besteht auch kein Bedarf nach Aktieninvestments als Mittel für die Altersvorsorge. Dass dieses Vertrauen mittelfristig erschüttert werden wird, habe ich schon an anderer Stelle erläutert. Ein Anheben der Aktienquote erscheint allein zur Absicherung gegen den Ausfall des staatlichen Vorsorgesystems dringend erforderlich. Das ist aus meiner Sicht aber nicht der einzige Grund, warum die Aktienquote in Deutschland und Österreich so niedrig ist.

4 Gründe, warum Aktien vermeintlich böse sind

Aktien sind nichts anderes als ein verbriefter Anteil am Eigenkapital eines Unternehmens, also eine Beteiligung an der Aktiengesellschaft. Dabei handelt es sich um eine Investition in reale Werte, denn die Aktiengesellschaft ist nur die Hülle für die Summe der materiellen und immateriellen Aktiva des Unternehmens, also die Werkshallen, Maschinen, Lager, Patente, Know-How, etc. Zudem versorgen die Aktionäre die Aktiengesellschaft (jedenfalls im Zeitpunkt der Gründung) mit Eigenkapital, das für Investitionen genutzt werden kann. So dahin geschrieben, klingt das ja richtig positiv…dennoch führen folgende vier Einflussfaktoren zu einem grundsätzlich negativen Blick auf Aktieninvestments.

1. Erziehung und allgemeiner Sprachgebrauch – wir sind in vielen unserer Verhaltensweisen als Erwachsener die Summe der bereits als Kind erlebten und erlernten Muster. Insbesondere unsere Verhaltensmuster zum Thema Geld werden ganz wesentlich von unseren Eltern und kindlichen Erfahrungen geprägt. Natürlich nimmt hier das Sparen von Kleinbeträgen auf dem Junior-Sparbuch der Sparkasse beim Weltspartag oder das Sparbuch von der Oma einen wesentlichen Einfluss. Diese Einflüsse werden aufgrund der Abwesenheit von finanzieller Bildung in der Schule wahrscheinlich verstärkt statt überschrieben. Darüber hinaus prägt der allgemeine Sprachgebrauch ein grundsätzlich negatives Bild von Aktieninvestments:

  • “Das glatte Börsenparkett” macht Angst vor dem Ausrutschen
  • “Die globalen Finanzmärkte” klingen fremd und wenig Vertrauen einflößend
  • “Die Hochfinanz, Zocker und Spekulanten” sind nicht erst seit der Globalen Finanzkrise 2008/09 ganz explizite Feindbilder in der öffentlichen Diskussion
  • “Finanztransaktionen” wie der Kauf von Aktien sollen bald auch Gegenstand der Besteuerung im Rahmen eines Tobin Tax-Modells sein; nicht nur dass es dagegen keinen Widerstand gibt, die Politik erhält hierfür sogar selektiven Applaus…

2. Risiko- und Verlustaversion – Unser Verhalten ist nun einmal evolutionsbedingt so gestrickt, dass wir Verluste höher gewichten als Gewinne – wir sind risiko- bzw. verlustavers. So wurde nachgewiesen, dass ein Verlust von €100 schwerer wiegt, als ein Gewinn von €100. Der Homo Oeconomicus handelt in dieser Hinsicht eben doch nicht nutzenmaximierend sondern irrational. Dazu mögen auch noch selbst gemachte oder von Familie und Freunden überlieferte Verlust-Erfahrungen z.B. beim Platzen der Dotcom-Blase oder im Zuge der Finanzkrise beitragen. Die uns ureigene Verlustaversion wird im Hinblick auf Aktieninvestments und das damit einhergehende Risiko durch diese Erfahrungsberichte noch weiter verstärkt.

3. Mangelnde Information und die Vermeidung fremder Gewässer – Es mag überraschen, dass dies im Informationszeitalter ein Thema ist. Einige Recherchen im Internet oder das Lesen einiger einschlägiger Bücher sollten jeden in die Position versetzen, sinnvoll und ohne dem Eingehen von argen Risiken in Aktien zu investieren. Dass dem nicht so ist, zeigte mir jüngst das Gespräch mit einer sehr gebildeten, weltgewandten Freundin. Sie hat promoviert, ist leitende Angestellte und verdient gutes Geld. Im Zuge des Gesprächs ergab sich, dass sie zwar seit Jahren regelmäßig spart, allerdings ausschließlich auf…einem kaum verzinsten Online-Sparkonto. Auf meine Frage warum, meinte sie lapidar, dass sie sich beim Thema Geldanlage nicht auskennen würde und sie ja kein Risiko eingehen würde wollen.

4. Ausgestaltung des Steuersystems und sonstiges staatliches Handeln – das österreichische Steuersystem ist so gestaltet, dass Aktieninvestments benachteiligt werden. Auf realisierte Kursgewinne und Dividenden wird eine Kapitalertragssteuer von € 27,5% verrechnet, Verluste auf realisierte Kursgewinne können nur im selben Kalenderjahr mit Kursgewinnen gegengerechnet werden, nicht aber vorgetragen werden. Zinsen auf Spareinlagen bei Banken werden hingegen “nur” mit 25% Kapitalertragssteuer belastet. So werden schlicht und einfach Sparbuchsparer bevorzugt. Auch andere Konstruktionen, wie die staatliche geförderte Pensionsvorsorge, sind so gestaltet dass sie vor bösen Aktieninvestitionen schützen, bspw. durch das Vorsehen einer teuren Garantiekonstruktion, auch wenn diese bei langfristigen Investments wenig sinnvoll erscheint.

Klage nicht, setz Dich einfach über diese negativen Sichtweisen – 4 Gründe warum Aktieninvestments sehr sinnvoll sind

Wie schon an anderer Stelle ausgeführt, macht es aus meiner Sicht wenig Sinn sich über derart negative Situationen zu beklagen. Besser ist es wohl sich darüber einfach hinwegzusetzen und die eigenen Geschicke in Bezug auf Aktieninvestments selbst in die Hand zu nehmen. Dies erscheint aus folgenden Gründen sehr sinnvoll:

1. Der Hauptgrund: Höhere Erträge – aus Aktieninvestments ergeben sich langfristig höhere Erträge als aus Investitionen in Spareinlagen oder Staatsanleihen. Über viele Jahre hinweg kann realistischer Weise mit einem durchschnittlichen Ertrag von 7-8% p.a. gerechnet werden. So hat der MSCI World-Index seit 1994 einen durchschnittlichen jährlichen Ertrag von 7,0% erwirtschaftet (Quelle: MSCI) Durch die Kräfte von Zins- und Zinses hilft dieser höhere Ertrag, den Weg zur finanziellen Freiheit deutlich schneller zu gehen. Durch Aktien entsteht also eine viel mächtigere passive Einkommensquelle, als aus anderen Investment-Möglichkeiten.

2. Absicherung gegen Inflation – Aktieninvestments sind, v.a. im Gegensatz zur Investition in Staatsanleihen und Bankeinlagen, gegen Inflation abgesichert. Dies liegt daran, dass viele Geschäftsmodelle von Aktiengesellschaften (natürlich in unterschiedlichem Ausmaß) mit den Effekten von höherer Inflation umgehen können. So können Preise erhöht werden, was zu Umsatzsteigerungen führt, wodurch höhere Kosten für Rohstoffe, Löhne & Gehälter bzw. sonstige Verwaltungsaufwendungen weitergereicht werden können. Dadurch kommt es vereinfacht gesprochen auch zu einer Absicherung der Gewinne gegen Inflation und bei gleichbleibendem Multiple auf den Gewinn auch zu einem Gleichbleiben des Werts der Aktie.

3. Schutz gegen Teil-/Totalverlust durch hoheitliches Handeln – In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass Investments in Bankeinlagen und Staatsanleihen dramatisch der gesetzgeberischen und regulatorischen Aktivitäten unterworfen sein können. Dadurch kann es nämlich zu plötzlichen Teil- oder Totalverlusten kommen. So wurden in Zypern Bankeinlagen über € 100.000 im Rahmen eines Bail-In in Eigenkapital der Bank umgewandelt und durch Abschreibungen aufgebraucht. Ebenso hat der griechische Staat seine Staatsanleihen restrukturiert indem ein Schuldenschnitt durchgeführt wurde und auf gestreckte Anleihen mit niedrigem Zinssatz umgeschuldet wurde. Die Präzedenzfälle in der Eurozone liegen also vor und können jederzeit wiederholt werden. Diese rechtlichen und regulatorischen Risiken auf Teil-/Totalverlust bestehen bei Aktien nicht. Natürlich kann eine Aktie als Eigenkapital der Aktiengesellschaft durch Konkurs wertlos werden; doch handelt es sich dabei nicht um einen bewusst herbeigeführten, hoheitlichen Akt.

4. Volkswirtschaftlicher Nutzen – wer in Aktien investiert, stellt dem Unternehmen Eigenkapital zur Verfügung, das für Investitionen genutzt werden kann. Dies ist eine wichtige volkswirtschaftliche Funktion, die viel breitflächiger wahrgenommen werden müsste. Der Ersatz zu staatliche Subventionsmaßnahmen ist aus meiner Sicht unbefriedigend und Fremdkapital über Bankfinanzierungen ist eben kein Eigenkapital.

Nun hoffe ich natürlich mit diesen Blogbeitrag einen Beitrag zu Überwindung der negativen Perzeption von Aktieninvestments beigetragen zu haben 😉 Wer sich ernsthaft auf den Weg zur finanziellen Freiheit machen möchte, kommt mE nicht um Aktieninvestments herum. Für den Einstieg würde ich immer mit der Investition in ETFs beginnen – siehe auch folgende Übersicht.

Wie gewohnt, freue ich mich über zahlreiche Kommentare! Gibt es aus Eurer Sicht weitere Gründe für die negativen Ressentiments zu Aktieninvestments? Oder – noch besser – zusätzliche Gründe, die ganz stark für die Investition in Aktien sprechen?

10 thoughts on “Warum Aktien so böse sind

  1. Hallo Stefan.
    dieser Artikel knüpft nahtlos an die Reihe Deiner bisherigen tollen Veröffentlichungen an. Ich kann Deine Ausführungen nur unterschreiben – mit einer kleinen Einschränkung: Ich glaube aufgrund meiner bisherigen Erfahrungen aus Gesprächen über Aktieninvestments vs. Festverzinsliche nicht, dass Du jemanden bekehren oder gewinnen wirst. Leider, leider nicht. Gerade jetzt nicht, wo div. Indizes neue Höchststände erreichen – da ist doch sicherlich bald mit Kursrückgängen (Verlusten!!) zu rechnen…
    Der Besitz von Aktien könnte m.E. zudem ein anderes Bewusstsein für Wirtschaft, Unternehmer (die normalen) etc. schaffen und die Diskussionen darüber versachlichen. Aber da bin ich wohl auch zu blauäugig.
    Lass mich Deinen Artikel aber auch benutzen, um auf einen weiteren (allerdings nur möglichen, aber wahrscheinlichen) Vorteil von Sachinvestionen generell, insbesondere aber Aktienanlagen hinweisen: Unser Finanzsystem ist derzeit (mehr oder weniger weltweit) krank. Die verabreichte Medizin (Liquidität, billiges Geld) deckt die Wunden zu, der Arzt wird nicht gerufen. Und ob sich die gewünschte Genesung (Inflation nur 2%) einstellt und genau bei dem Zielwert haltmacht ist zweifelhaft. Also droht eine Korrektur, nicht nur ein Abschwung an den Börsen, weil der das Problem nicht beseitigen würde. Eine andere Variante ist eine Währungsreform. Natürlich wird jeglicher Besitz betroffen sein. Geld und Schuldverschreibungen (sind ja letztlich das Problem) werden entwertet, Sachvermögen könnten mit Ausgleichsabgaben “bedacht” werden. Und in einem solchen Fall kann es von Vorteil sein, nicht nur mittelständische Mitbetroffene zu haben (wie z.B. bei Immobilien), sondern “starke” Partner mit einer entsprechenden Lobby und einer gewissen politischen Durchsetzungsfähigkeit ihrer (und damit meiner) Interessen. Und wenn gerade ein solches Untergangsszenario f ü r Aktien spricht, was sollte mich dann abhalten.
    Abschließend kann ich nur Dein Bild unterstreichen: Die Anlageentscheidung selber in die Hand nehmen – und nicht aus der Hand zu geben bedeutet ja auch, in der Eigentümerposition zu bleiben (auf dem Fahrersitz sozugagen) und nur mit kleinen Beträgen Gläubiger zu sein.
    Halt weiter die Fahne hoch für Aktieninvestments – ab besten direkte – , behalte Deinen Optimismus und habe ein glückliches Händchen bei Deinen Entscheidungen.
    Sonnige Grüße
    Thomas

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    1. Hallo Thomas,
      Vielen Dank für Deinen freundlichen Kommentar!
      Dein Szenario, in dem insb. große, weltweit agierende Aktiengesellschaften ihre Lobby-Power entsprechend einsetzen, halte ich für eine spannende These, die ich nicht herunterspielen würde!
      Auch Dir viel Erfolg und schöne Grüße,
      FF

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  2. Sehr schöne Aufstellung.

    Ich habe noch eine Anmerkung zu den Schulen (in meinem Fall in Deutschland):
    Abgesehen davon, dass es an den meisten Schulen kein Fach “Finanzen” o.ä. gibt, glaube ich, dass das Milieu der Lehrer dem Bereich Börse usw. relativ kritisch gegenübersteht.
    Wenn ja, werden Wirtschaftsdinge eher in freiwilligen Kursen und AGs behandelt.

    Selbst die Börsenspiele der Banken und Sparkassen sehe ich mittlerweile etwas kritisch. Meist wird ja ein fiktives Depot aufgestellt und die Mannschaft mit der höchsten Kurssteigerung gewinnt. Ich finde, Vermögensaufbau sieht langfristig anders aus und bei diesem Modell geht es eher um “kaufe billig und verkaufe teuer”, also so eine Art Trading, das der Bank Provisionen bringt.

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    1. Die Frage ist in der Tat schwer zu beantworten, wer denn nun das erforderliche Finanzwissen vermitteln sollte – nämlich ohne Interessenkonflikte (Banken, Versicherungen) und ohne negative Prägung in der Schule.
      Mein Kollege Der Portfoliomanager hat zudem einen nachdrücklichen Appell gegen ein Schulfach finanzen geschrieben, auf den ich gerne hinweise: http://derportfoliomanager.de/kein-schulfach-finanzen-bitte/
      Viele Grüße,
      FF

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  3. Hallo FF,

    Was für ein Glück das ich in der Schweiz lebe, Kursgewinne werden nur über die normale Vermögenssteuer verrechnet und diese ist Peanuts. Dafür haben wir eine der höchsten Quellsteuern auf Dividenden 35%… Man kann halt nicht alles haben 😉

    Gruss
    Der Sparkojote

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  4. Hi FF,
    toller Artikel, welcher unsere verinnerlichten und uns beigebrachten Thesen schön beleuchtet. Ich denke, dass jeder der sich mal mit geringen Beträgen an der Börse ausprobiert wird schnell merken, dass es gar kein “Teufelswerk” ist!
    Wir geben auch so genug Geld für andere Hobbys aus, also warum nicht auch mal Geldanlage ausprobieren und sich an Neues heranwagen! Vielleicht schaffen wir es, den ein oder anderen Prozentpunkt investiertes Aktienvermögen aus Österreich zu erhöhen!
    Liebe Grüße
    Florian

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  5. Hi Stefan,

    erstmal schön geschriebener Artikel.
    Ich persönlich denke, dass der erst genannte Punkt mit am signifikantesten Auswirkungen auf das Defizit bei Aktien hat. Finanzielle Erziehung wird nicht an der Schule gelehrt und ist somit Part der elterlichen Erziehung. Aber ältere Generationen sind zu weit weg vom Aktienmarkt oder den “neuen” finanziellen Instrumenten, als dass sie hier tatkräftig tätig werden können.

    Ähnlich wie der neuen Telekommunikation ist es auch bei Aktien eine selbst erziehende Generation, diesen Umgang zu lernen.

    Viele Grüße
    Investierte Freiheit

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    1. Vielen Dank für Deinen Kommentar!
      Du nennst einen interessante Punkt, nämlich der Erfahrung mit Aktien quer über Generationen. Erfreulicherweise ist die junge Generation eher gewohnt sich selbst zu informieren, wodurch Wissensdefizite leichter ausgeglichen werden können. Umso mehr bestärkst Du mich und wohl auch viele Mitstreiter entsprechend zu informieren!
      Viele Grüße,
      FF (heiße gar nicht Stefan ;-))

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