In den letzten Wochen habe ich eine Menge zum Thema Schulden geschrieben bzw. auch Gastautoren zu Wort kommen lassen. Wichtig war mir dabei einen radikalen Ansatz zu empfehlen, um Schulden rasch tilgen zu können. Durch die Aussage, dass Schulden der Erzfeind der finanziellen Freiheit sind, habe ich offenbar auch provoziert!
Eine Zuschrift brachte mich auf die Idee mich auch mit dem Thema Glücksspiel und Spielschulden auseinanderzusetzen. Apropos: Mittlerweile erhalte ich eine Menge E-Mails, das freut mich sehr, bitte meldet Euch auch weiterhin so zahlreich – Anregungen, Lob und Kritik sind sehr willkommen! Zur Erinnerung meine E-Mail-Adresse lautet: meinefinanziellefreiheit@gmail.com
Spielschulden sind Ehrenschulden
Nicht nur der Volksmund sagt, dass Spielschulden Ehrenschulden sind. Auch das Bürgerliche Gesetzbuch besagt in § 762 BGB: „Durch Spiel oder durch Wette wird eine Verbindlichkeit nicht begründet.“ Spiel- bzw. Wettschulden können daher nicht eingeklagt werden, vielmehr besteht nur eine sog. Naturalobligation. Für mich als Österreicher ist natürlich die analoge Bestimmung des § 1271 ABGB relevant „Redliche und sonst erlaubte Wetten sind in so weit verbindlich, als der bedungene Preis nicht bloß versprochen, sondern wirklich entrichtet, oder hinterlegt worden ist. Gerichtlich kann der Preis nicht gefordert werden.“
Das mag jetzt zu gut klingen, um wahr zu sein! Wer Wett- oder Spielschulden hat, kann ja von seinen Gläubiger also nicht gerichtlich belangt werden. Dies könnte rasch als Freibrief zum Eingehen von Spielschulden bzw. ausschweifendem Glücksspiel verstanden werden. Die Lebenswirklichkeit sieht dann schon deutlich anders aus! Denn Wett- oder Spielschulden entstehen typischerweise gar nicht erst, vielmehr sind es im schlimmsten Fall ausschließlich Konsumschulden, die voll einklagbar und exekutionsfähig sind. Warum? Ein Beispiel kann das leicht verdeutlichen. Beim Besuch im Casino wird zuerst der Kauf von Jetons gegen Bargeld, Bankomat- oder Kreditkarte erforderlich sein. Es entsteht also gar keine Spielschuld, vielmehr wir der Einsatz vor Spielbeginn fällig. Gleichzeitig entsteht durch die Abbuchung von einem im Minus stehenden Konto bzw. auf der Kreditkarte ggf. ein Dispo- bzw. Konsumkredit.
Die veraltete gesetzliche Regelung des bürgerlichen Gesetzbuchs schützt daher nicht effektiv vor den Risiken von Wette und Spiel! Vielmehr haben sich die modernen Casino-Betreiber darauf eingestellt und fordert den Spieleinsatz vorweg vom Spielervolk ein. So kommt es nie zur brenzligen Situation, dass Spielschulden eingefordert werden müssen. Für den Spieler kommt es daher womöglich zu Konsumschulden, die wunderbar einklagbar sind, ohne in den Schutz der gesetzlichen Regelung für Spielschulden zu kommen.
Dass Wette und Spiel in der Tat gefährlich sind und das menschliche Veralten nicht darauf ausgelegt ist, kühlen Kopfes mit schlauer Strategie zu gewinnen, zeigen einige eindrucksvolle Parallelen zwischen ungeschicktem Investieren an der Börse und Glücksspiel. Diese Gemeinsamkeiten sind so augenfällig, dass offenbar auch zwischen Berufsgamblern und Hedgefonds-Managern ein gemeinsamer Berufspfad besteht 😉 Folgende Tugenden sind am Spieltisch wie am Börsenparkett erforderlich bzw. führt ihre Missachtung ins finanzielle Desaster.
Disziplin
Die erste und wichtigste Regel, sowohl am Casinotisch als auch auf dem Börsenparkett ist, Disziplin walten zu lassen und Geduld mitzubringen. Kaum etwas ist zerstörender, als ein ungeduldiger Abverkauf der aufgebauten Positionen oder alles auf eine Karte zu setzen, ohne vorher gründlich darüber nachgedacht zu haben. Zum Erfolg gehört immer ein stringenter Plan, der diszipliniert umgesetzt wird. Es sollte zudem überlegt werden, wie hoch die Summe an Geld ist, bis zu der es für einen selbst vertretbar bleibt, Risiko zu nehmen und schlimmstenfalls den Einsatz zu verlieren.
Keine Eskalation der Einsätze
Besonders schlimm wird es, wenn der eigene Ehrgeiz zu hoch ist. Man muss versuchen, der Verlockung zu widerstehen, immer mehr und immer höhere Einsätze zu riskieren. Vom Rausch des Spiels bzw. der Spekulation ist die Rede, wie so oft folgt auch den Rausch allerdings der Kater! Es sollten also klare Limits abgesteckt werden, welcher Einsatz ist beabsichtigt? Wieviel kann investiert bzw. am Roulette-Tisch gesetzt (und verloren) werden, ohne andere Lebensbereiche zu beeinträchtigen?
Martingale System vermeiden
In der klassischen Casino-Theorie gibt es das sogenannte Martingale System, bei dem jedes Mal der Einsatz verdoppelt wird, wenn ein Einsatz verloren wird. Dieses System ist zwar in der Theorie sehr potent, lässt sich in der Realität aber nur beschränkt einsetzen, da ihm natürliche Grenzen gesetzt werden. Einerseits besitzt ein Spieler in der Regel keine unbegrenzten Ressourcen und zum anderen gibt es häufig maximale Beträge, die gesetzt werden können. Deshalb sollte das Martingale System weder im Casino angewandt, noch als Inspiration für den Aktienhandel oder insb. Optionshandel verwendet werden. Mein Rat ist also dieses System überhaupt zu meiden.
Geduld
Zuletzt ist man beim Thema Geduld angelangt! Auch wenn professionelle Trader und Spieler jeden Tag handeln oder spielen, muss das nicht zum Erfolg führen. „Hin und her macht Taschen leer“ hatte schon Kostolany gesagt. Dem Gelegenheitstäter sollte daher empfohlen werden, sich nicht jeden Tag, nicht jede freie Minute mit dem Traden oder Spielen zu beschäftigen. Erfolg bedarf der Analyse, Recherche und Geduld, aber meist eben auch eines kühlen Kopfes. Gerade die Entfaltung einer sinnvollen Handelsstrategie am Börsenparkett, nämlich buy and hold forever!, ist natürlich besonders anspruchsvoll was das Thema Geduld betrifft 😉
Das menschliche Verhalten ist sehr schlecht darauf eingestellt, die genannten vier Tugenden zu befolgen. Schon in der Antike frönte man dem Glücksspiel und zeigten sich dabei die Schwächen des Menschen. Das Erlebnis Las Vegas macht es heute noch schwerer zu widerstehen! Billige, luxuriöse Hotels locken den Touristen an den Strip. Entertainment und billiger Alkohol laden zum Besuch der Casinos ein. Ein erhöhter Sauerstoffanteil in der Luft der Casinos stellt vielleicht sogar sicher, dass man nicht müde wird und auch nachts noch lange verweilen möchte. Dass all das aus den Gewinnen des Glücksspiels quersubventioniert wird, ist da ja Nebensache 😉
Ich denke, dass es ein Irrglaube ist, all diese Versuchungen überwinden zu können bzw. die oben genannten Tugenden strikt zu befolgen. Das menschliche Verhalten bzw. impulshaftes Verhalten wird dazu führen, dass man die vier Tugenden missachtet und letztlich mit einem großen Verlust – also dem Gegenstück der Gewinne der Las Vegas-Casinos! – dasteht. Dass dieser Verlust auch zu Schulden und indirekt Konsumschulden führen kann, habe ich bereits oben erläutert.
Für mich persönlich habe ich daraus die Konsequenzen gezogen: Ich verzichte gänzlich auf das Glücksspiel (und die Spekualtion an der Börse). Ich glaube nicht dran, durch Strategien und das Einhalten der genannten Tugenden Gewinne zu erzielen, wo nichts zu holen ist. Im Glücksspiel gewinnt langfristig der Betreiber (und an der Börse erzielt man bestenfalls die Marktrendite), entsprechend macht auch das Verfolgen vermeintlich erfolgversprechender Strategien für mich keinen Sinn.
Zudem gibt es einen weiteren vielleicht abergläubisch klingenden Grund, warum ich um Casinos mittlerweile einen großen Bogen mache. Ich habe vor Jahren einmal bei einem Einsatz von ca. €30 das 10-fache gewonnen, nämlich ca. €300. Damit habe ich wohl mein Glück beim Thema Glücksspiel erschöpft! Letztlich könnte es ja in der Zukunft deutlich schlimmer kommen. Ich will ja nicht, dass aus Spielschulden Konsumschulden werden 😉
Wie haltet ihr es beim Thema Glücksspiel? Hattet Ihr oder Eure Bekannten schon mal mit Spielschulden zu kämpfen bzw. hatten Konsumschulden ihren Ursprung im Glücksspiel?