In einem früheren Artikel hatte ich bereits einmal über die verschiedenen Ausgestaltungsmerkmale von ETFs geschrieben. Dabei hatte ich insb. physisch replizierende ETFs als vorteilhaft hervorgehoben. Ob ausschüttend oder thesaurierend habe ich im damaligen Artikel ausgeklammert, wir ein Kommentator rasch und kritisch anmerkte. Durch Ergänzung der (österreichischen) steuerlichen Perspektive wird aber auch noch dieser Aspekt abgedeckt. Also, viel Spaß beim Kennenlernen der besten ETFs aus steuerlicher Sicht!

Bevor es zur Sache geht, ein wichtiger Disclaimer: Ich bin weder Steuerberater noch beabsichtige ich Euch in Steuerfragen auch nur irgendwie zu beraten. Klar, ich werde über meine eigene Entscheidungsfindung zum Thema ETF-Auswahl berichten. Wenn Ihr aber für Eure konkrete Situation steuerlichen Rat benötigt, wendet Euch an einen Steuerberater Eures Vertrauens!

Warum sich über Steuern überhaupt Gedanken machen?

Schon Jesus sagte angeblich „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist […]“ und spielte darauf an, dass die damaligen Münzen das Abbild des römischen Kaisers schmückte. Im übertragenen Sinn, wird dieses Zitat verwendet, um die Pflicht zur Abfuhr von Steuern widerstandslos hinzunehmen. Selbst eine Extremposition habe ich schon einmal gehört: Steuern wäre ja ein gutes Zeichen, zeugen sie doch von hohen Einkünften/Gewinnen.

Nun, da bin ich schon deutlich anderer Meinung! Natürlich sind die anwendbaren Steuervorschriften einzuhalten bzw. ist es wohl sehr kurzsichtig Steuerhinterziehung als bloßes Kavalliers-Delikt anzusehen – die eindrucksvollen Strafdrohungen sollten an sich ausreichen, um abzuschrecken. Gleichzeitig besteht im Rahmen der geltenden Steuergesetze oft ein großer Spielraum, wie Sachverhalte einzustufen sind.

Genau darum geht es auch hier. Denn allein die Auswahl des richtigen ETFs beim Investment bestimmt, ob steuerlich hässliche oder vorteilhafte Effekte eintreten. Ein wenig Information genau darüber reicht also aus, um steuersparend vorzugehen. Warum also nicht? Es handelt sich um ein gutes Zeitinvestment! Besser als dem Kaiser einfach zu viele Münzen rüberzuschieben 😉

Wie funktioniert das nun ganz genau (in Österreich)?

Dies soll keine Diplomarbeit im österreichischen Steuerrecht werden. Ich werde gleich auch einige verkürzende Annahmen treffen, um nicht eine endlose, spröde Abhandlung über wenig relevante Sachverhalte zu verfassen.

Ich werde für diese Analyse nämlich davon ausgehen, dass es sich um ausländische (also nicht-österreichische) ETFs handelt, die aber zum Vertrieb in Österreich zugelassen sind und einen steuerlichen Vertreter haben, also sog. „Meldefonds“. Mit dieser Annahme sind die Mehrzahl der für Privatinvestoren zugänglichen ETFs aus den Häusern Blackrock/ishares, Vanguard, Deutsche Bank/X-trackers, Amundi, etc. abgedeckt. Zudem gehe ich davon aus, dass es sich um das Privatvermögen und nicht um das Betriebsvermögen einer natürlichen Person handelt.

Für die Besteuerung sind drei Arten von Erträgen zu unterscheiden: i) Ausschüttungen und ausschüttungsgleiche Erträge des Fonds, ii) im Fonds realisierte, aber nicht ausgeschüttete Substanzgewinne, iii) Kursgewinne des Anlegers beim Verkauf des Fonds.

Ausschüttungen des Fonds werden mit 27,5% Kapitalertragssteuer (KESt) besteuert. Da der Staat bei thesaurierenden Fonds, die per Definition keine Ausschüttungen haben, nicht durch die Finger schauen möchte, werden die sog. ausschüttungsgleichen Erträge ebenfalls mit 27,5% besteuert. Dies bedeutet, dass es in dieser Hinsicht zu einer völligen Gleichstellung von ausschüttenden und thesaurierenden Fonds kommt. Da der Fonds keine Liquidität produziert, führt dies in aller Regel dazu, dass der fällige Steuerbetrag dem Wertpapierverrechnungskonto angelastet wird – es ist also beim Liquiditätsmanagement Vorsicht geboten.

Die ausschüttungsgleichen Erträge werden vom steuerlichen Vertreter des Fonds an die Österreichische Kontrollbank und auf ihrer Website veröffentlicht werden – deshalb auch „Meldefonds“!

Im Fonds realisierte, aber nicht ausgeschüttete Substanzgewinne treten v.a. bei thesaurierenden Fonds auf. Ausschüttende Fonds, werden diese realisierten Substanzgewinne in aller Regel ausschütten und fallen so unter die im vorherigen Absatz beschriebene Regel. Bei Thesaurierung dieser Erträge kommt es nur zu einer Besteuerung mit 27,5% KESt. von 60% dieser Substanzgewinne. Die Besteuerung der verbleibenden 40% der Substanzgewinne wird bis zum Zeitpunkt des Verkaufs des ETF aufgeschoben.

Kurssteigerungen des ETFs werden beim Verkauf des ETFs ebenfalls mit 27,5% besteuert.

Bei thesaurierenden Fonds ergibt sich insofern eine Sondersituation, da eine Doppelbesteuerung vermieden werden muss (Besteuerung der ausschüttungsgleichen Erträge und Besteuerung des Kursgewinns). Um dies zu gewährleisten, muss die Depotbank eine Schattenbuchhaltung über den Kaufkurs des Fonds führen. Bei der jährlichen Fiktion der Ausschüttung der ausschüttungsgleichen Erträge führt dazu, dass der (fiktive) Kaufkurs, oft auch „Einstandswert“ um den Betrag der ausschüttungsgleichen Erträge erhöht wird.

Was ist nun der beste ETF aus steuerlicher Sicht?

Die oben gemachten Ausführungen bedeuten, dass durch die nur 60%-ige Besteuerung von realisierten Substanzgewinnen thesaurierender Fonds ein (kleiner) steuerlicher Vorteil von thesaurierenden Fonds besteht. Die Besteuerung der verbleibenden 40% wird zwar im Verkaufszeitpunkt nachgeholt, doch können die nicht versteuerten, thesaurierten Erträge im Sinn des Zinseszinses weiter Ertrag erwirtschaften. Zu einer Steuerstundung kommt es zudem allemal.

Der Kauf eines thesaurierenden Fonds hat zudem noch zwei weitere Vorteile. Erstens wird durch die Abfuhr der KESt. auf die ausschüttungsgleichen Erträge über Lastschrift auf dem Verrechnungskonto still und heimlich ein zusätzlicher Betrag dem Vermögensaufbau zugeführt. Zweitens kommt selbst der disziplinierteste Investor nicht in Versuchung die Ausschüttung nicht zu reinvestieren, passiert dies ja automatisch.

Schließlich möchte ich noch dringende davon abraten einen ETF ohne steuerlichen Vertreter in Österreich zu erwerben, dieser ist nämlich steuerlich deutlich schlechter gestellt (pauschal 27,5 % KESt auf 90 % des jährlichen Kursgewinns, mindestens aber 27,5 % KESt auf 10 % des ETF-Werts am Jahresende!)

Damit ist klar: Die besten Fonds aus steuerlicher Sicht sind thesaurierende ETFs mit steuerlichem Vertreter in Österreich! Auch ich investiere seit einiger Zeit und auch zukünftig nur mehr in solche ETFs. Die ausschüttenden Fonds, die ich derzeit im Bestand habe, werde ich dennoch nicht verkaufen, da ich keine zu besteuernden Kursgewinne produzieren möchte.

Für Teilnehmer am „Leistungskurs Fondsbesteuerung in Österreich“ 😉 verweise ich gerne noch auf diesen sehr gelungenen Artikel sowie die derzeit in Begutachtung befindlichen Entwurf der Investmentfondsrichtlinien 2018 des österreichischen Finanzministeriums. Dort kann man in großer Tiefe nachlesen, was hoffentlich verständlich mit weniger als 1000 Worten zusammengefasst habe…

16 thoughts on “Die besten ETFs aus steuerlicher Sicht

  1. Ui, das ist ja bitter, 60% Steuern jaehrlich auf ausschuettungsgleiche Ertraege bei Thesaurierern.

    Wir in D muessen nur ein bisschen Feigenblatt-Vorabpauschale abfuehren.

    Besonders clever von Dir, diese Dry-Tax als versteckte “Zwangs-Spar-Rate” umzudefinieren, die sonst (bei Ausschuettern) “nicht angelegt worden waere” 😉
    (dabei ist es natuerlich egal, die Liquiditaet fuer die Steuerschuld muss man ja trotzdem vorhalten … und koennte sie auch in Ausschuetter investieren).

    Frage: Die Thesaurierer melden ja nur die Netto-Ertraege (Also Ausschuettung der Unternehmen minus max. Quellensteuern im jew. Herkunftsland).
    Koennt ihr dann wenigstens die vom Thesaurierer gemeldeten (werden sie gemeldet?) Quellensteuern mit Eurer Steuerschuld (den 60%) gegenrechnen?
    LG Joerg

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    1. Hallo Jörg,
      Danke für Deinen Kommentar!
      Nunja, thesaurierte Substanzgewinne sind ja günstiger gestellt, da sie nur zu 60% sofort versteuert werden. Kommt es zur Ausschüttung der Gewinne, dann kommt es sofort zur 100%-igen Versteuerung.
      Bzgl. der bereits auf Fondsebene bezahlten Quellensteuern, denke ich dass diese zumindest zum Teil auf die KESt. angerechnet werden. Doch das muss ich mir nochmal im Detail ansehen 😉
      Viele Grüße
      MFF

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  2. Hi! Hope it’s okay to ask here in English since my German is not on par with all this finance talk 🙂

    I want to start investing but I can’t decide on which type of ETF. Distributing or Accumulating. If I understood it correctly (I also read broker-test, like 5x): Distributing is easy. For example, a reporting fund at Flatex. When I get the dividends, they will be taxed at 27.5 %. I can then use this money to buy more shares, correct? (of course, I may have to pay transaction fees)
    Accumulating: At the end of the fiscal year, there might be gains and then this will be taxed at 60% of 27.5 KEST. But, since there were no dividends, I have to do the math and put money on my flatex account, so they can charge the taxes?
    It seems that, from a point of view, (especially since I don’t speak German and analyzing those excel from profit web are not so easy.) distributing ETFs are somehow simpler. I, in my conservative mind perhaps can only think on: If I have accumulating ETFs, for like 30 years.. these taxes I have to pay can get quite big I imagine.. so I always have to have some cash, in hand to be able to pay it, right?

    About price gains and taxation on sale. Let’s say I buy today 500 shares of a distributing ETF at 50 € each. Over the years, I get dividends and those are taxed fully at 27.5%. Fast-forward 30 years, the ETF price now is 90 €. Does that mean that now if I want to sell, the math will be 500 * 90 (new price) – 500 * 50 * 0.275? Or do they keep track of my purchases over time, so they can calculate accordingly? Does accumulating ETFs have the benefit of increasing it’s price, so I technically pay fewer taxes when selling?

    Thanks and sorry for the long (and maybe stupid) questions!

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    1. Hi Joao,
      Happy to answer your questions which are certainly not stupid but evidence for the complexity of the tax laws 😉
      While it may seem somehow simpler to invest in distributing ETFs, I would argue (as I do in the article above) that accumulating ETFs are more advantageous. Over time they achieve a positive return due to deferred tax payments. Also, there is no disadvantage as your broker should do all the math for you, you would just have to balance any tax requirements given the annual charge of taxes. But yes, you would have to provide some liquidity to cover the tax payment.
      When it comes to calculating your tax burden at sale of the ETF, I want to provide you with some comfort. Indeed, this can get quite complex over time, esp. if you have different purchase prices, etc. However, your broker should take care of this and keep a record of your initial and calculated purchase price. Also, any changes to the initial purchase price due to tax payments are recorded by your broker. The tax burden should be just as you calculate, considering the historic purchase price.
      Hope that helps!
      Cheers
      MFF
      PS: I am still impressed how deeply you have discovered the Austrian tax situation given you are not speaking German – congrats!

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      1. Hi! Well, that required (and still does!) lots of hours haha. But I enjoy it and I want to have a comfortable future 🙂
        I see. That indeed helped! I think I’m leaning more now to accumulating ETFs.. due to the deferred tax. But what is not clear still, and I’ll try to create a scenario to exemplify (I learn better with examples :D)

        Let’s say I buy this ETF (Xtrackers MSCI World Index UCITS ETF 1C
        IE00BJ0KDQ92) which is reporting in Austria and i’ts accumulating. So, since it’s accumulating I don’t get dividends. Instead, the fund itself re-invest it for me (compounding is great). This is still taxable, of course to be “transparent”, but only 60% of 27.5 Kest, right? The 40% is taxed at sale time.

        if yes, then at the end of the fiscal year (Geschäftsjahr Ende) I need to:

        Download the excel file from profitweb, and calculate point 4 to the number of shares I have?
        Example: IE00BJ0KDQ92 at profitweb says that the at 27.07.2018 the „Steuerpflichtige Einkünfte“ was 1,698. (let’s forget about the USD conversion for now, but I’m aware of it). So if I have 200 shares of it, then I need to do: (200 * 1,698) * (0.6 * 0.275) = 339.60 *0.165 = € 56,034. So this 56, is how much I have to put on my Flatex cash account, at the appropriate time, so they can charge the taxes? After that, I’m done with my tax obligations? If I had a distributing, I wouldn’t have to do that, since Flatex would already give the dividends taxes at full 27.5%?

        What concerns me (maybe it’s just non-sense so please tell!) is that over time, I will own more shares, and the price can spike, meaning I will have to pay a lot of taxes, and worse, I need money ready to pay for it, money that I can’t invest.

        I see around that choosing a tax-easy broker like Flatex is better, but in this case, I still have to do this part, to be able to figure out how much I own, right? Because I can’t just leave cash at my flatex account due to the negative -0,4 interest.

        Another point I don’t get it 100% is: With accumulating ETFs when there’s a distribution, do I get more shares of that ETFs or do the price increases? Or both?

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      2. Hi Joao,
        It sounds right how you calculate the tax burden. Personally, I don’t calculate the tax burden in advance but absorb it once it occurs as I typically carry a small amount in my brokerage account.
        I do see the annual tax payment as a means to increase my investment, as opposed to reduce my investment due to distributions which I might or might not reinvest. Through the accumulating ETF itself, combined with the increasing value (supported by tax payments…) helps me create an continuously increasing investment. Should I choose not to continue growing my investment, I would anyhow start selling ETF shares.
        To your last question: The value of your accumulating ETF increases, no new shares are distributed.
        All the best with your investments!
        Cheers,
        MFF

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      3. Hi Joao, Lukas,
        “It sounds right how you calculate the tax burden” — no, it doesn’t, and this article correctly explains why. (I don’t know why Lukas didn’t realize that himself.)
        The 60% rule affects non-distributed, fund-internal profit takings, but not internal distributions (“ausschüttungsgleiche Erträge”).
        In you concrete example of IE00BJ0KDQ92, you can even validate this in profitweb:
        10.3 ausländische Dividenden 1,1666
        12.3 KESt auf ausländische Dividenden 0,3208
        That’s exactly 27.5% of the internal dividends which you have to pay in taxes in that year; no 60%-rule applies.

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  3. Hallo,
    vielen Dank für deinen Beitrag. Zur steuerlichen Situation in Österreich findet man leider sehr wenig im Internet.
    ich hätte eine Frage bezüglich eines Gold-ETFs. ISIN: JE00B1VS3770 um genau zu sein. Ich habe mich nach deinem Post entschieden diesen ETF zu verkaufen da dieser in Österreich nicht zugelassen ist. Ich habe seit dem Kauf dieses ETFs keine Steuern bezahlt. Muss ich trotzdem Steuern zahlen wenn ich mit dem Verkauf Verlust mache? Da dieser ETF thesaurierend ist, bin ich mir nicht sicher.

    Danke
    LG

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    1. Hi buraktv,
      Achtung, es handelt sich offenbar um einen nicht in Österreich zugelassenen Fonds! Daher erfolgt keine automatische Besteuerung und Du musst das über die Steuererklärung nachholen. Am besten besprichst Du das mit Deinem Steuerberater 🙂
      Viele Grüße
      Lukas

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  4. Habe ich das richtig verstanden:

    1) Bei ausschüttenden ETFs entfällt auf den Ausschüttungsbetrag die KESt von 27,5 %.

    2) Bei theasaurierende ETFs werden von den “Ausschüttungen” (gibts ja nicht, werden reinvestiert) 60 % mit 27,5 % besteuert, die Restbesteuerung erfolgt erst beim Verkauf, daher Zinseszinsvorteil

    3) Kursgewinne werden erst dann besteuert, wenn diese auch anfallen, also beim Verkauf. Während der Haltedauer werden nur Ausschüttungen bzw. bei Thesaurierern 60 % dieser “versteckten Ausschüttungen” besteuert…

    Frag das, weil ich grade von Flatex auf eine eigentlich kleine etf-position eine extreme Belastung (Fondsthesaurierung) auf einen ausschüttenden ETF bezahlt habe. Konkret zahle ich 189,45 Euro und habe aber bislang nichtmal 100 Euro an Ausschüttungen bekommen. Ein ETF auf US-Reits (IE00B1FZSF77), liegt es vielleicht daran?

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